Haarausfall oder auch die signifikante Lichtung des Haupthaars (Hypotrichose) sind nicht zwangsläufig normale Alterungserscheinungen. Wenn der Haarverlust rapide zunimmt, können verschiedene Krankheitsursachen auslösende Faktoren sein. Wir untersuchen die Formen unerwünschter Haarwachstumsanomalien.
Haarausfall ist nicht gleich Haarausfall!
Jeder Mensch hat bis zu 5 Millionen Haare am Körper – und nur etwa 2,5 Prozent davon wachsen auf dem Kopf! Deren Anzahl hängt zudem von der Haarfarbe ab: Rothaarige haben zirka 90.000 Haupthaare, Brünette und Schwarzhaarige 100.000. Blonde Menschen haben zwar meist feine, dafür aber auch mehr Haare, nämlich 150.000. Bei dieser Fülle an natürlichem Kopfschmuck ist es unproblematisch, wenn täglich zwischen 70 bis 100 Haare ausfallen – das ist im Rahmen des Lebenszyklus eines Haares völlig normal. Ein Haar wächst jeden Tag ca. 0,35 mm, und zwar zwischen zwei und sechs Jahre lang. Sobald die aktive Haarwachstumsphase endet, beginnt eine Übergangsphase von zwei Wochen und schließlich eine zwei bis vier Monate andauernde Ruhephase, nach welcher das Haar von einem nachwachsenden abgestoßen wird. Übersteigt die tägliche Zahl der ausgefallenen Kopfhaare jedoch den Standardwert, spricht man von unerwünschtem Haarausfall (Effluvium), einem über die Norm gesteigertem Haarverlust.
Klinische Formen des Haarausfalls
Erblich veranlagt, hormonell oder sogar krankhaft bedingt? Eine Vielzahl an Trigger-Faktoren kann hierfür Auslöser sein: Auch Vergiftungen, Pilzinfektionen der Kopfhaut, chronische Krankheiten oder Medikamente können übermäßigen Haarausfall begünstigen. Zu den häufigsten Formen zählt der androgenetische Haarausfall (Alopecia androgenetica), hervorgerufen durch Androgene. Diese normale Alterserscheinung, beginnend im Schläfen- und Tonsurbereich, betrifft weltweit 80 Prozent aller Männer und etwa 50 Prozent aller Frauen, zumeist nach der Menopause im Mittelscheitelbereich auftretend. Bei genetisch bedingtem Haarausfall ist die gesunde Haarwachstumsphase massiv verkürzt, einhergehend mit einer Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegen das Steroidhormon DHT.
Bei kreisrundem, lokal begrenztem Haarausfall (Alopecia areata) handelt es sich um eine häufige Autoimmunerkrankung, die in jedem Lebensalter auftreten kann. Nebenerscheinungen des krankhaften Haarschwunds, überwiegend im Kopfbereich, jedoch auch an Bart- und Körperbehaarung vorkommend, sind oftmals Veränderungen der Hautanhangsgebilde wie Rillen- und Grübchenbildung an den Fingernägeln. Eine vorrübergehende Alopecia areata kann durch tiefgreifende Haarfollikelschädigungen und Infektionskrankheiten wie Wund- und Gürtelrose ausgelöst werden.
Diffuse Alopezie
Der diffuse Haarausfall oder diffuse Alopezie bei Frauen und Männern betrifft das gesamte Kopfhaar, nicht nur lokal begrenzte Areale. Dieses krankhafte Erscheinungsbild wird häufig nach Infektionen, Stoffwechselerkrankungen oder während Hormonschwankungen beobachtet. Auslöser sind zudem Stress, Mangelernährung, Anämie, Bulimie, Syphilis, Pilzinfektionen, Medikamente, Schwermetalle, Pestizide oder Gestagene. Ebenso kann reversibler Haarausfall durch den Abfall des Östrogenspiegels unmittelbar nach einer Schwangerschaft im Zeitraum zwischen 6 – 24 Wochen auftreten. Auch durch Schäden an den Haarwurzeln infolge einer aggressiven Strahlentherapie kann sich diffuser bis irreversibler Haarausfall zeigen. Vielzählige spezifizierte Alopezie-Formen bis hin zum vollständigen Kopfhaarverlust einschließlich Wimpern und Augenbrauen (Alopecia universalis) werden heute in der modernen klinischen Diagnostik unterschieden.
Diagnostik und chirurgische Eigenhaar-Transplantation
Zur Befundabklärung stehen den fachspezialisierten Dermatologen in der Praxis verschiedene Blutbild- und Hormontests oder die Biopsie mittels Gewebeentnahme zur Verfügung. Für die Behandlung der Alopecia areata werden topische Immuntherapien im Heilversuch, die PUVA-Therapie, eine Kombination aus UV-Licht-Bestrahlung und photosensibilisierender Botanik, oder die Verabreichung von Glucocorticoiden praktiziert. Verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Alfatradiol und Minoxidil sind hierzulande zur Medikation des androgenetischen Haarausfalls zugelassen. Daneben helfen rezeptfreie aminosäure- und schwefelhaltige Shampoos und Kapselpräparate mit Cystin, Methionin und Rhodanid oder B-Vitamine das bereits schwächelnde Haarwachstum anzukurbeln. Der essentielle Haarbaustein Keratin, native Peptidrezepturen, Phytohormone und Kollagen-Booster stärken darüber hinaus die Haarwurzeln und fördern die gesunde Haarregeneration.
Bei fortgeschrittenem Haarverlust schaffen maßangefertigte Haarverdichtungen wie Toupets oder Perücken ästhetisch Abhilfe. Operative Eingriffe im Rahmen einer Haartransplantation zum Verpflanzen von Eigenhaar werden bei entzündlichen Irritationen und Autoimmunerkrankungen nicht empfohlen. Hier stehen heute vielversprechende, erfolgreich praktizierte Verfahren wie die Micrografts-Technik, die Crosspunch-Methode und die follikulare Implantation Follicular Unit Extraction (FUE) auf dem Behandlungsangebot der plastisch-chirurgisch ausgerichteten Medical Center. Eine derzeit noch unzureichend studienbelegte invasive Technik mit positiven Erfahrungswerten ist die sogenannte PRP-Therapie. Hierbei wird körpereigenes Blutplasma direkt in die Kopfhaut injiziert, um das degenerierte Haarwachstum anzuregen.
Quellenverweis: medicalpress.
Weiterführende Informationen und Buchlektüre:
Alopecia Areata Deutschland e.V., www.kreisrunderhaarausfall.de; Alopezie Online-Portal: www.alopezie.de; Brigitte Hamann: „Haarausfall ist heilbar!“; Gianni Coria: „Natürliche Hilfe bei Haarausfall“; Balvinder Sidhu: „Goodbye Haarausfall: In 4 Schritten zu natürlich schönem Haar“
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