Etwa 50 Prozent der Bevölkerung, sowohl Frauen als auch Männer, sind zumindest einmal im Leben von Hämorrhoidalleiden betroffen. Wenn die für die Stuhlentleerung wichtigen arteriovenösen Gefäßpolster im Enddarm vergrößert sind und Krankheitssymptome verursachen, spricht man vereinfacht von Hämorrhoiden.
Hämorrhoidalleiden und symptomatische Hämorrhoiden
Hämorrhoiden, eine häufige, noch heute tabuisierte, nicht gesellschaftsfähige Erkrankung der westlichen Industrienationen, betrifft zumeist Frauen und Männer im Alter zwischen 45 und 65. Hämorrhoidalleiden vor dem 35. Lebensjahr sind selten anzutreffen. Bei der progressiv fortschreitenden Erkrankung, unterteilt in vier Schweregrade, sind die Ursachen noch weitestgehend ungeklärt. Insbesondere das große Schamgefühl bei Betroffenen und die folglich späte Arztkonsultation erschweren eine frühzeitige Anamnese und fachkompetente Behandlung.
Die ringförmig angelegten arteriovenösen Gefäßpolster erfüllen die funktionale Aufgabe des Feinverschlusses des Afters. Beschwerden verursachen vergrößerte, tiefer gelegte Hämorrhoiden. Wiederholte anale Blutungen, anales Nässen, starker Juckreiz und Stuhlschmieren können aufschlussgebende Leitsymptome sein. Der Hämorrhoidalplexus (Corpus cavernosum recti), ein schwammartiges Gefäßpolster und Bestandteil des Kontinenzorgans, liegt unter der Schleimhaut des Mastdarmendes und verschließt den Analkanal von innen für die Feinabdichtung des Anus. Die willentliche Auslösung des Ausscheidungsvorganges umschreibt die anale Kontinenz. Laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie wird erst die Vergrößerung des Hämorrhoidalplexus, einhergehend mit Beschwerden, als symptomatische Hämorrhoiden definiert. Fakt ist, wie oftmals fälschlich angenommen, sind Hämorrhoiden keine Krampfadern des Anus, sichtbare oberflächliche große Venen. Rektale Varizen sind ein eigenständiges Krankheitsbild.
Physiologisches Altern ist Krankheitsindikator
Entscheidend für eine zuverlässige Hämorrhoiden-Diagnostik ist die Ausprägung der Zugfestigkeit der Fasern des Schließmuskelapparates. Das physiologische Altern bewirkt eine zunehmende Faserfragmentierung und Faserdegeneration bei gleichzeitig erhöhtem Gefäßdruck. Folgen sind Verletzungen der Schleimhautoberfläche, die wiederum zu arterieller Blutung und weiteren Entzündungsprozessen wie harten Knoten, Ödemen und Fibrosen führen können.
Zirka 3,5 Millionen Menschen sind in Deutschland von Hämorrhoidalleiden betroffen, doch die Dunkelziffern liegen weitaus höher. Die weitverbreitete, vielfach unbotmäßig selbstbehandelte “Volkskrankheit” wird in vier Stadien unterteilt. Im ersten Stadium wird eine nicht von außen sichtbare, nur leicht vorgewölbte, beschwerdefreie und reversible Knotenbildung beobachtet, symptomatisch sind hellrote Blutungen. Im zweiten Stadium geht die bereits erheblich gestörte Feinkontinenz mit erhöhter Schleimhautsekretion einher. Die zeitweise vorfallenden, nicht mehr allein rückbildungsfähigen Knoten werden von Juckreiz und schmerzhaften Analfissuren begleitet. In Stadium Drei verursachen ein oder mehrere spontan vorfallende Knoten Einklemmungen oder Blutungen. Ein rückverlagerndes Hineinschieben ist jedoch noch möglich. Im vierten Stadium sind krankhaft vergrößerte, dauerhaft vorfallende Hämorrhoidalknoten Auslöser für eine behinderte oder auch erfolglose Stuhlentleerung des Rektums. Stuhlschmieren bis hin zur Thrombosebildung mit starken lokalisierbaren Schmerzen können auftreten.
Diagnostik und Therapie
Eine Heilung ist nur durch operative Eingriffe möglich, in frühen Stadien mittels ambulanter minimalinvasiver Eingriffe wie Sklerosierung oder Gummibandligatur. Die prinzipiell auch prophylaktisch anwendbare Basistherapie mit Salben, Cremes, Zäpfchen und milden Antiseptika sowie gezielter Ernährungsberatung, Hygiene- und Sportmaßnahmen lindert nachweislich Beschwerdesymptome. Medikamentös verabreichte Hämorrhoidenmittel (Hämorrhoidalia) und rezeptfrei erhältliche Naturarzneimittel bekämpfen zumindest kurzzeitig lokale Entzündungsreaktionen. Die Behandlung von Hämorrhoidalleiden erfolgt durch Anamnese und visuelle Inspektion. Im konkreten Verdachtsfall auf proktologische Erkrankungen können Differentialdiagnostik, Rektoskopie oder Koloskopie Aufschluss geben. Wichtig: Nur ein Facharzt kann Hämorrhoiden sicher von “unechten Hämorrhoiden”, den Perianalthrombosen, oder Darmkrebs unterscheiden.
Weiterführende Infos und Lektüre zum Thema:
Gregor Bellinger: “Hämorrhoiden richtig behandeln”; Klara Kaiser: “Hämorrhoiden – Erkennen, behandeln, loswerden!”; Dr. Med. Friedrich Anton Weiser: “Hämorrhoiden – Sprechen wir darüber”; Proktologisches Zentrum Berlin Med-Ratgeber online
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