Das Special Interest-Leserthema „Skinimalism“ ist unser Kosmetik-inspiriertes Monats-Feature in Claudias Beauty-Talk N°17. Magazinherausgeberin, Kosmetikfachfrau und Visagistin Claudia Rakow resümiert über die globale Verschlankung der alltäglichen Hautpflege.
Abgespeckte Formeln, wesentliche Inhaltstransparenz
Was die Capsule Wardrobe in Fashion, ist der Skinimalism in Beauty, denn auf die richtigen Basics kommt es hier an. So ganz neu ist das Trendthema jedoch nicht, wenn es um die zeit- und ressourcensparende Vereinfachung der täglichen Kosmetik- oder Make-up-Routine geht. Zertifizierte Clean Beauty-Standards sind heute in Europa, Asien und Übersee das Nonplusultra für zukunftssicheres Wirtschaftswachstum. Im Zuge der planetenfreundlichen Eco-Mission konzentriert sich die globale Schönheitsindustrie werbewirksam auf die Kunst des Weglassens. Und die startet bereits bei der zusehends giftmüllbefreiten Produktproduktion in deutlich reduzierten CO2-Fußstapfen. Adé, tierische Bestandteile, bedenkliche Füllstoffe und umweltbelastende Mikroplastik. Die längst überfällige Formel-Verschlankung der unnötig aufgeblähten Ingredienzien-Cocktails verschafft aufgeklärten Kunden nicht nur persönliche Befriedigung und somit vertrauensvolle Markenbindung, sondern markiert auch eine neue Ära in medizinischem Wissensvorsprung und rasantem Technologiefortschritt.
Weiße, grüne oder blaue Biotechnologie?
Pharma-Entwickler, Medizintechniker und Formelchemiker schöpfen rund um den Globus fröhlich aus dem Vollen – KI-gestützte Bioscience ist das Zauberwort unserer Generation. Gern möchten wir glauben, dass im Reagenzglas modifizierte Serum-Infusionen und Longevity-Booster tatsächlich die digitale Uhr der Zeit zurückdrehen. Wenn auch sonst kräftig eingespart und abgespeckt wird: Anti-Aging-Prozesse stehen niemals still. So enthalten die munteren Zellaktivatoren aus dem sterilen Pharma-Labor mittlerweile ein Höchstmaß an innovativer wie effektiver Wirkstoffdichte in kleinster Molekülgewichtung. Der ursprünglich naturwüchsige Bio-Run wird klammheimlich zum hypersynthetisierten Biotech-Run, natürlich zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt.
Weiße Biotechnologie, also industrielle Biotechnologie, verzeichnet neue grüne und rote Farbabstufungen, angesiedelt im primär medizinischen, pharmazeutischen oder pflanzlichen Bereich, und der blaue Untervertreter widmet sich explizit der Erforschung mariner Organismen und Verfahren zur Trinkwasseraufbereitung. Weiße Gentechnologie forciert wiederum den Einsatz genetisch veränderter Mikroorganismen, Zellkulturen und Enzyme für die Herstellung von Vitaminen, Lebensmitteln und Kosmetika. Was uns also gegenwärtig im Fachhandel als laborrein verkauft wird, ist zwar blitzsauber und zumeist ästhetisch einwandfrei, aber eben auch beängstigend anders.
Weniger ist mehr mit Probiotika & Co.
Im schnellen Rhythmus des „Less is more“-Kosmetikprinzips gilt produkttechnisch das multifunktionale Mix & Match-Motto mit beliebig personalisierbaren Einzelkünstlern. Hauptsache, der kreativ motivierende Markenclaim stimmt! Doch Vorsicht bei Anwendung neuartiger fermentierter Superfoods, Bakterien & Co. in heimpflegender Wildwuchsmanier. Bioaktive wie bioverfügbare Prä-, Pro- und Postbiotika bedeuten zwangsläufig einen, wenn auch noch so minimalen Eingriff in das funktionierende Mikrobiom gesunder Haut. Die überall grassierende topische Hautmilieu-Stimulation in chronobiologischer 24/7 Endlosschleife erbringt noch keine verlässlichen Langzeitstudien, insbesondere in Kombination mit unterschiedlichen kosmetischen Markenprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln. Und, ja, auch keine spektakulären hautverjüngenden Vorher-Nachher-Ergebnisse in Echtzeit. Fast wünschen wir uns also „normale“ Cremes aus der klassischen Wirkstoffkosmetik und den Anfängen der bestens etablierten Liposomentechnologie zurück.
Kosmetik ist kein Nonsens!
Wenn Sie Ihrer Haut wirklich Gutes tun möchten, lassen Sie einfach komplexe vielstufige K-Beauty-Rituale weg – schließlich sind wir Europäer. Eine konsequente zweiphasige Reinigungsroutine aus Cleanser und Toner mit reichlich Aqua-Splashing ist dennoch unerlässlich. Vermeiden Sie ständige, häufig verfrühte Kosmetikwechsel, übermäßige Produktdosierung (gleichmäßige Oberflächenbenetzung!) sowie falsche Applikationstechniken und denken Sie bei der Produktauswahl grundsätzlich an alters- und geschlechtsspezifische Bedürfnisse, inneres Wohlgefühl, Lifestyle-Gepflogenheiten, Klima und Jahreszeit. Das erfolgreich umgesetzte Skinimalism-Konzept beruht auf Homogenität im Großen und Kontinuität im Kleinen. Beauty Addicts, die botanische Bio- und Naturkosmetik schätzen, bleiben optimal innerhalb der favorisierten Pflegelinie; Fans von Doctor Brands und Cosmeceuticals bleiben langfristig im dermatologischen Bioscience-Sektor.
Kosmetische Hautpflege ist immer eine Frage der Lebenseinstellung und persönlichen Vorliebe. Die universelle Faustformel für die tägliche 5-Step-Gesichtspflege 20+ heißt im Wesentlichen: Reinigung, Gesichtstonic, Serum/Konzentrat/Öl nach Bedarf, Augenpflege, Tages- bzw. Nachtcreme. Peeling und/oder Maske einmal wöchentlich. Und apparative Beautytech-Devices, Rosenquarz-Roller und Gua Sha im Spa at home? Wer einen Baum pflanzt, ist noch lange kein Gärtner – die Übung macht den Meister für Fortgeschrittene. Alle anderen rücken vor zum disziplinierten Weiterüben in der Hautoffensive, sonst zurück auf Skin-Reset.
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