Die englische Grafschaft Worcestershire ist weltberühmt für ihre Würzsauce, Ciderfabrikation und Porzellanherstellung, und, ja, auch produktive Heimstatt der exaltierten Nischenduftmarke BeauFort London. Leo Crabtree, Schlagzeuger von „The Prodigy“, schickte 2013 seine von Rauch umwaberte Duft-Etymologie auf abenteuerliche Schiffsexpedition. Überfrachtete Riechstoffe, gischtumspülte Überdosis-Alchemie und düstere Bilderästhetik zollen der stolzen Seefahrernation Tribut.
Ein auf Kiel gelegtes Duftexperiment
Leo Crabtree blüht erst so richtig auf mit kniffligen grenzüberschreitenden Herausforderungen. Der detailbesessene Tüftler, Hobby-Dichter und erfolgreiche Spirituosenproduzent ist seit 1990 Drummer der britischen Rave-Band „The Prodigy“ und inzwischen namhafter Duftdesigner, Gründer des 2013 gestarteten Nischen-Labels BeauFort London. Eigentlich als Vehikel für sein handgemachtes Schnurrbartwachs gedacht, schulterte der French Fork-Bartträger im Schlepptau seiner Markenkreation zugleich reichlich spannungsgeladenes Duftpotenzial. Seither widmen sich die ungestümen Steampunk-Parfüms der Zergliederung realer und scheinbarer Erinnerungen im Kielwasser einer in Rauch aufgelösten Duftalchemie. Die wetterfesten olfaktorischen Grenzgänger umschiffen tosende Gischt und schroffe Klippen mit ungewöhnlich formulierten Overdose-Rohstoffen und verdichten ihre düstere Gothic Rock-Ästhetik in zwei Themenkollektionen, limitierten Sondereditionen und Duftkerzen.
Britische Seefahrtgeschichte kreuzt Militärsymbolik – eine offensichtliche Heldenhommage an Admiral Sir Francis Beaufort und an den verstorbenen Vater, ein leidenschaftlicher Segler. Crabtree, bekennender James Joyce-Verehrer, schippert alsdann in der nebelverhangenen Ulysses-Dämmerung an raue Gestade, ein trotziges Aufbäumen brachialer Naturgewalten. Insofern ist es nicht abwegig, dass nautisch historisierende und maritim verankerte Duftkonstruktionen einen lebhaften wie zwiegespaltenen inneren Monolog ausfechten, einzig geklammert an den fortwährenden Gezeiten-Bewusstseinsstrom. Kein Seemannsgarn: Für den Stapellauf in rauchgeschwängerten walisischen Gewässern zeichnen der schottische Indie-Parfümeur Euan McCall und die britischen Parfümeurinnen Julie Marlowe und Julie Dunkley verantwortlich.
Wer die See beherrscht …
TONNERRE ruft im verrauchten Kanonenhagel zum furchtlosen Säbelrasseln, ein unheilschweres Gefecht mit metallisch-mineralischen Akkorden von Rauch, Schießpulver, Blut, Brandy und salzigen Meeresnoten, im Herzen zitrisch wiederbelebt und todesmutig bestärkt von einer Duftwolke aus Amber, Zistrose, Birke und Atlaszeder. Aufbrausendes Wellenschaukeln auf hoher See erzeugt das bedrohlich krautgrüne und herbwürzige FATHOM V. Klafterbreit öffnen sich die Schleusen, aus denen salzige aquatische Aromen entweichen. Im wütenden Sturmgetöse zerbirst wertvolle Fracht – eine ungesicherte Ladung Wacholder, Tangerine, Thymian, Ylang-Ylang, Jasmin, Ingwer, schwarzer Pfeffer und Mimose geht über Bord. Fässer mit Salz, Weihrauch, Patschuli, Moos, Vetiver, Zeder und Amber schlingern dumpf polternd über die glitschigen Planken.
THE GRUDGE grollt Zeit und Raum, verdammt zur ewigen Tide-Reise an die wilden schottischen Küsten. Die ungezügelte Gier nach „schwimmendem Gold“, gestrandeter Pottwal-Ambra, entfesselt rohe Elementargewalten, Wasserturbulenzen im Sog der Tiefsee, die, endlich gezähmt, ein absonderliches Geflecht aus Wermut, Weihrauch, Kopalharz, Algen, Tee und Kalmus und kostbare Olfaktorien wie Tabak, Oud, Moschus, Eichenmoos und Labdanum Absolue ans Ufer spülen. Und, Petri Dank, im Schleppnetz der wackeren Shetlander-Krabbenfischer reist ein prächtiger Fang: ein grauer Klumpen Ambergris.
BeauFort London ist deutschlandweit in ausgewählten Concept Stores, Online-Parfümerien und im Markenshop zu entdecken.

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