Krätze klingt irgendwie rudimentär aus der Zeit gefallen und erweckt lebhafte Bilder aus dem tiefsten Mittelalter, dabei ist die ansteckende Hautkrankheit auch im 21. Jahrhundert mitten unter uns. Weltweit verzeichnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa 130 Millionen Infizierte; seit 2013 wird auch in Deutschland ein drastischer Anstieg der Infektionszahlen beobachtet. In Nordrhein-Westfalen ist eine sprunghafte Zunahme zu verzeichnen und in Hessen hat sich in den letzten zwei Jahren die Zahl der gemeldeten Skabies-Infizierten mehr als verdoppelt.
Was ist Krätze?
Krätze, auch Scabies oder Acarodermatitis genannt, ist eine infektiöse und parasitäre Hauterkrankung, die durch die weibliche Grab- bzw. Krätzmilbe ausgelöst wird. Diese bohrt sich in die menschliche Epidermis und gräbt verzweigte, äußerlich sichtbare Gänge zur Ei- und Kotablage. Der Milbenbefall löst eine starke Immunreaktion mit Primär- und Sekundärläsionen aus, wie beispielsweise Juckreiz, Rötungen, Brennen, Quaddel- und Bläschenbildung, schmerzhafte Pusteln oder Verkrustungen. Der unangenehme Juckreiz ist bezeichnend, der nachts durch die Bettwärme intensiviert wird. Betroffen sind vor allem dünne Hautzonen mit wenig schützender Hornschicht und verhältnismäßig hoher Körperwärme: Füße, Fußgelenke, Handgelenke, Gesäß, Achseln, Ellenbogen, Gelenkbeugen, Bauchnabel oder Genitalien. Kleinkinder können zudem auch im Kopf- und Nackenbereich mit Skabies infiziert sein. Darüber hinaus können allergische Hautreaktionen auch an nichtbefallenen Körperregionen auftreten.
Die Inkubationszeit beträgt wenige Tage bis zu sechs Wochen. Bereits bei Verdacht auf parasitären Befall muss laut Infektionsschutzgesetz eine Meldung an die deutsche Gesundheitsbehörde erfolgen; der Zutritt zu öffentlichen Gemeinschaftseinrichtungen ist strikt verboten. Die Diagnoseerhebung erfolgt mittels Nachweis von Milben oder Milbeneiern durch den Dermatologen. Skabies wird nicht zwangsläufig durch mangelnde und hochgradig unzureichende Körperhygiene ausgelöst, sondern breitet sich durch engsten Hautkontakt von Mensch zu Mensch in jedem Lebensalter aus – ähnlich wie bei Läusen. Insbesondere KiTas, Schulen, Alten- und Pflegeheime, Ferienheime, Krankenhäuser, Asylunterkünfte und Sportklubs sind für eine Milbeninfektion prädestiniert. Ebenso wird eine indirekte Infektion über Wohntextilien und Kleidung angenommen.
Skabies-Sonderformen und therapeutische Maßnahmen
Auch Tierparasiten können Menschen als Wirt befallen – diese Sonderform heißt Pseudokrätze (Pseudoscabies). Weitere Sonderformen sind die Gepflegte Scabies mit kosmetisch überpflegter, eingeschränkter Sichtbarkeit, die Bullöse Scabies mit langwieriger Knötchen- und Blasenbildung oder die Borkenkrätze (Scabies norvegica) mit extremer Rötung, großflächiger Schuppen- und borkenartiger Krustenbildung, häufig ohne signifikanten Juckreiz. Bei vorliegender Immunsuppression kommt es zu einem explosionsartigen Anstieg der Milbenzahl. Dieses atypische Krankheitsbild variiert stark in Hinblick auf die Intensität, die Symptomatik und den Verlauf.
In der Krätze-Therapie haben sich das Insektizid Permethrincreme 5 Prozent mit sehr guter, wenig toxisch belasteter Verträglichkeit, Crotamiton oder die orale Verabreichung von Ivermectin bewährt. Die topische Behandlung mit dem WHO-studiengeprüften Wirkstoff Benzylbenzoat, zum Beispiel Antiscabiosum rezeptfrei für Kinder und Erwachsene, inkludiert eine dreitägige Ganzkörperbehandlung, die alle Milben effizient abtötet. Das Naturheilpräparat Teebaumöl zeigt dagegen eine nur eingeschränkte Wirkweise. Enge Kontaktpersonen im Familien- und Freundeskreis sollten im Verdachtsfall zwingend miteinbezogen werden sowie Kleidung und Bettwäsche gesondert gewaschen und umgehend gewechselt werden. Die vor allem in den Tropenregionen Ozeaniens endemisch auftretende infektiöse Hauterkrankung kann jederzeit erneut ausbrechen – insbesondere bei einem bereits geschwächten Immunsystem.
Weiterführende Infos:
Ärzteblatt Medizinreport Skabies, www.aerzteblatt.de; Robert Koch Institut RKI-Ratgeber Skabies, www.rki.de; Ärztekammer Niedersachsen Thema Krätze zum PDF-Download, www.aekn.de
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